Stuttgart, 8. April 2025, 19 Uhr.
Es ist ein Dienstag. Ein Wochentag, an dem „normale“ Menschen um diese Uhrzeit bereits einen Arbeitstag hinter sich gebracht haben.
Ich bin pünktlich und nehme die Treppe in den 3.Stock des Rathauses von Stuttgart.
Beim Betreten des Saals komme ich an den Gemeinderatsmitgliedern vorbei. Ich schüttele der Frau Elisabeth Schick-Ebert die Hand und nehme mit Interesse ihre Art des Hände-schütteln zur Kenntnis.

Ich erinnere mich, dass ich Frau Schick-Ebert bei dem Thema Nordisches Modell, über die Medien, als eine unwissende Person wahrgenommen habe, die die Standard-Folklore der Sexlobby vertritt.
Der Raum, in dem die Sitzung stattfindet ist technisch sehr gut ausgerüstet.
Es gibt einen Moderator, der durch die Sitzung führt.
Das Thema dieser Sitzung sollen die Koalitionsverhandlungen sein.
Das ist meine erste Gemeinderatssitzung bei der CDU und ich setze mich ganz nach links ans Fenster.
Der Sitzungssaal könnte voller sein. Das Durchschnittsalter würde ich eher auf über 50 Jahre schätzen.

Den Anfang macht Herr Alexander Kotz. Er gehört zu jenen, die keinen Schlips tragen.
Es wird davon geredet, dass wir in dieser Runde die Koalitionsverhandlungen aus Berlin irgendwie hier her holen wollen.
Dann werden die üblichen Themen angesprochen, die man überall sonst auch in den Medien besser nachvollziehen kann.
Nicht zu vergessen diese überhebliche und fast alberne Haltung, dass die jetzigen Regierungsparteien ach so schlimm sind und dass die CDU jetzt alles besser machen will.

Boah! Da kommt mir automatisch der Brechreiz, wenn ich diesen Bullshit wieder hören muss.
Die erste Stunde dieser „Gesprächsrunde“ kommt mir vor, als wäre sie eher dazu da, um diese Politik-C-Promis darzustellen.
Als wäre dieser Dienstag Abend dazu da um sich zu präsentieren. So ungefähr: bespiele das Volk. Mehr nicht.
Inhaltliche Vorbereitung für diese Sitzung (oder was auch immer das sein mag) konnte ich jetzt nicht feststellen. Mir war, als wäre es eine echte Zeitverschwendung, an dieser Sitzung teilzunehmen.
Bevor es dann in den Teil geht, wo die Zuschauer, also die CDU Mitglieder Stuttgarts, die sich die Zeit an diesem Dienstag Abend genommen haben, zu Worte gebeten werden, gibt es eine Abfrage der Themen über das webbasierte Menti-Tool.
Ich habe die Gunst genutzt um das Nordische Modell hierüber anzubringen.

Etwas dazu sagen, möchte ich nicht. Es ist spannender zu sehen, ob es irgend eine Reaktion darauf gibt.
Es gibt keine.
Hätte ich mir auch denken können. Denn, wenn es um Prostitution und Menschenhandel geht, hält sich die CDU sonderlicherweise immer bedeckt, so kam es mir jedenfalls vor, bis dann Dorothee Bär letztes Jahr in Erscheinung trat.
Warum das so ist, ist mir immernoch nicht so ganz klar.
Eine Vermutung ist, dass die CDU genau weiss, wie viel Geld man mit Menschenhandel verdient.
Prove me wrong!

Dann versucht der Moderator die Zuschauer zu animieren, auch etwas zu sagen.
Eine Dame, die wohl Führungskräfte berät, meint, dass wir die Fachkräfte aus dem Ausland dringend brauchen.
Eine nächste Dame erzählt von ihrer Nachbarin, eine alte Dame, die von Pflegern wohl gequält wird.
Ein Mann im Publikum sagt laut, deutlich und mit eher aufgebrachtem Ton, dass es so nicht weitergehen kann und dass dieses ewige Gequatsche und Themen aufschieben von den Politikern nicht mehr tragbar ist. Da stimme ich ihm vollstens zu.
Ein Mann, der sich als ehemaliger Hoteldirektor vom Le Meridien outet, erklärt, dass wir uns diese Art und Weise der Geldverteilung nicht leisten können und dass die nächste Regierung liefern muss. Na, diese Einsicht ist meiner Meinung mindestens seit 20 Jahren überfällig.
Der Brüller des Abends ist, dass dann ein nächster Mann Elon Musk ins Spiel bringt. Einer seiner Sätze: „Wir brauchen einen Elon Musk light“
Boah, hab ich innerlich gelacht!
Für mich ist diese Sitzung wie das Schauspiel des Panoptikums.
Und alle senden irgendwie Folgendes aus: Wasch mich, aber mach mich nicht nass.
Im Anschluss gibt es noch einen Absacker mit Apfelsaft, Wasser und Wein.
Ich stelle fest, dass ich müde bin und eher nicht mit den Leuten reden möchte.
Ich habe lediglich Kontaktdaten ausgetauscht und bin gegangen.

Meine Eindrücke dieser Sitzung sind intensiv und ich freue mich auf die nächste Sitzung.
Schön wäre, wenn es von Seiten der Amtsträger mehr Inhalt gibt.
Schließlich ist eine Funktion unserer Amtsträger die der Informationsweitergabe, also auch Aufklärung / Input für die CDU-Mitglieder.
Sollte dieser Ablauf einer CDU Fraktionssitzung so normal sein, wie es heute der Fall war, verstehe ich, warum der halbe Saal leer ist.
Der Koalitionsvertrag
Der Koalitionsvertrag in Englisch
Bitte beachten Sie, dass es evtl. zu Verständnisproblemen aufgrund der Übersetzung kommen kann. Fragen Sie in diesem Fall den Dolmetscher oder die Dolmetscherin Ihres Vertrauens 😉
